Wissenschaftliche Begleitforschung zum Modellvorhaben „Erweiterte Ambulante Physiotherapie – EAP“

Wissenschaftliche Begleitforschung zum Modellvorhaben „Erweiterte Ambulante Physiotherapie – EAP“

Die AOK Baden-Württemberg führte vom 01.10.1998 bis zum 31.12.2002 ein Mo-dellprojekt zur „Erweiterten Ambulanten Rehabilitation“ (EAP) bei definierten ortho-pädisch/ traumatologischen Indikationen durch. Das Modellprojekt wurde vom Hoch-rhein-Institut für Rehabilitationsforschung wissenschaftlich begleitet.

An dem Projekt haben sich 72 Zentren in Baden-Württemberg beteiligt. Jede Einrich-tung musste fachärztlich geleitet sein oder eine vertraglich gesicherte Kooperation mit einem Facharzt nachweisen. Der Schwerpunkt der Diagnosen lag auf operativ behandelte Erkrankungen am Knie und der Schulter (48%), Osteosynthesen (26%) und Gelenkendoprothesen (12%). Die Behandlungsdauer lag bei 2-5 Stunden pro Tag. In der Regel sollten 20 Behandlungstage in einem Zeitraum von sechs Wochen nicht überschritten werden.

Die wissenschaftliche Begleitung

Bei den beteiligten Modellzentren wurde zunächst eine umfangreiche Strukturerhe-bung und stichprobenhaft Visitationen durchgeführt.

Um das Gesundheitsprofil der Patienten vor der Rehabilitation (Zeitpunkt t1), nach der Rehabilitation (Zeitpunkt t2) und nach Ablauf von sechs Monaten (Zeitpunkt t3) zu erfassen, wurden der indikationsübergreifende Fragebogen „Indikatoren des Rehastatus“ (IRES) für Patienten und ein indikationsspezifischer Fragebogen für die behandelnden Rehaärzte eingesetzt. Die Erhebungsergebnisse dokumentieren die kurz- und mittelfristigen Effekte der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen. Zur Bewertung der Akzeptanz und der Effizienz der einzelnen Maßnahmen seitens der Patienten wurde ein Patientenfragebogen eingesetzt.

Ergebnisse

Die EAP wurde zu 62% von Männern in Anspruch genommen. Gegenüber der stati-onären Rehabilitation ist der Altersdurchschnitt der EAP Patienten mit 43,1 Jahren deutlich jünger, mit einem relativ hohen Anteil von Patienten unter 30 Jahren (24%).

Von den befragten Patienten waren 63,3% voll oder teilweise berufstätig oder in der Berufsausbildung. Etwa die Hälfte der Erwerbstätigen, die vor der EAP arbeitsfähig waren, haben auch während der EAP weitergearbeitet.

Vor Beginn ihrer Therapie waren die Patienten insbesondere im somatischen und funktionalen Bereich – über alle Indikationsgruppen hinweg – hoch belastet. In Bezug auf die Altersgruppen waren die 45 bis 59-jährigen am stärksten belastet und wiesen mit durchschnittlich knapp 80 Tagen in den letzten 12 Monaten auch fast doppelt so viele Krankheitstage wie die unter 30-jährigen auf.

Die Auswertungen zeigen, dass Patienten unter 45 Jahren, deutlich stärkere positive Effekte aufweisen als Patienten über 45 Jahren. Die größten Effekte ließen sich über alle Altersgruppen hinweg bei dem funktionalen Status und hier insbesondere in der Unterdimension Behinderung im Alltag nachweisen. Diese Effekte waren auch nach sechs Monaten unverändert.

Die Zufriedenheit der 3108 befragten Patienten mit ihrer Therapieeinrichtung war in den Bereichen „Therapeuten“, „Behandlung“, „Organisation“ sehr hoch. Sowohl die arbeitsfähigen als die arbeitsunfähigen Patienten gaben zu über 91% – unabhängig von der Indikationsgruppe – an, dass sich ihr Gesundheitszustand durch die Therapie gebessert hat.

Eine deutlich negativere Bewertung erhielt die Vernetzung der Einrichtung mit vor- und nachgeschalteten Stellen, z.B. Operateur, Hausarzt, sofern dies vom Patienten überhaupt beurteilt werden kann. Auch im Bereich der Verhaltensempfehlungen be-stehen noch Verbesserungspotentiale.

Literatur

Kainz, B.; Gülich, M., Jäckel, W.H.: Visitationen als Methode der Qualitätssicherung in der „Erweiterten Ambulanten Physiotherapie“?Abstract in: Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg.). 9. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium vom 13. – 15. März 2000 in Würzburg. Individualität und Reha-Prozess. DRV-Schriften Band 20. Frankfurt/M. (S. 136-137).